
Geistige Stadterweiterung
Eine kurze Geschichte der Wiener Volkshochschulen, 1887–2005
Christian H. Stifter
edition seidengasse: Enzyklopädie des Wiener WissensISBN: 978-3-902416-06-3
21,5×15 cm, 184 Seiten, Hardcover
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Kurzbeschreibung
Das zentrale Anliegen der zu Beginn des 19. Jahrhunderts gegründeten ersten Volks-Universitäten auf Wiener Boden – der Volkshochschulen – scheint wenig von seiner einstigen emanzipatorischen Bedeutung verloren zu haben. Nach wie vor, und womöglich mehr denn je, kommt der Demokratisierung des Zugangs zu Wissen, Bildung und Kunst eine wichtige gesellschaftliche Bedeutung zu. Obwohl Wissenschaft und Technik tief in unsere lebensweltlichen Zusammenhänge vorgedrungen sind, die mediale Berichterstattung über Wissenschaft zu einer ungeheuren Informationsdichte geführt hat und das öffentliche Bildungswesen auf grundsätzlicher Chancengleichheit beruht, nimmt die kognitive und soziale Kluft zwischen dem Expertenwissen und dem Wissensstand der breiten Bevölkerung tendenziell eher zu denn ab.
Ähnlich wie vor mehr als hundert Jahren, als höhere Bildung und akademisches Wissen einer kleinen gesellschaftlichen Elite vorbehalten waren, stellen sich auch heute vor dem Hintergrund der »Informationsgesellschaft« vielfältige Herausforderungen für eine emanzipatorische Erwachsenenbildung.
Das große historische Verdienst der freien Wiener Volksbildung liegt darin, die traditionelle Kluft zwischen Experten und Laien erstmals in der Geschichte Österreichs durch eine institutionalisierte Form allgemein zugänglicher Volksbildung überbrückt zu haben. Die »geistige Stadterweiterung« (Eduard Leisching) führte zu einer Demokratisierung von Bildung und Wissen in einer bisher nie da gewesenen Qualität und Quantität.
Der vorliegende Band behandelt die wissenschaftszentrierte Erwachsenenbildung, wie sie in Wien gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Reaktion auf die vielfältigen Herausforderungen der Moderne entstanden ist, und zeichnet deren Entwicklungsgeschichte bis in die Gegenwart nach.
[Enzyklopädisches Stichwort]
[edition seidengasse · Enzyklopädie des Wiener Wissens, Bd. III : Volksbildung \
Hrsg. von Hubert Christian Ehalt für die Wiener Vorlesungen, Dialogforum der Stadt Wien]
Rezensionen
ÖHV/Die Österreichische Volkshochschule: [Rezension]Die Geschichte der Wiener Volkshochschulen und der darüber hinausreichenden Wiener Volksbildung wird seit 1910 aufgearbeitet. In diesem Jahr veröffentlichte Josef Luitpold Stern seine als Dissertation konzipierte Studie „Wiener Volksbildungswesen“ – in Jena. Seither wurden eine Reihe von Einzelstudien publiziert, von denen Gerhardt Kapners 1961 veröffentlichte Arbeit „Die Erwachsenenbildung um die Jahrhundertwende, dargestellt am Beispiel Wiens“, inhaltlich die herausragendste war. Sogar während des Nationalsozialismus wurde 1943 an der Universität Wien die unveröffentlicht gebliebene Dissertation „Über die politische, weltanschaulichen Strömungen des Wiener Volksbildungswesen von den Anfängen bis 1914“ von Ilse Pusch fertiggestellt. 1954 publizierte „Volksbildner“ Wilhelm Bründl unter dem Titel „Eigenart und Entwicklung der Wiener Volkshochschulen“ die erste über die Jahrzehnte hinwegreichende Gesamtdarstellung und 1982 veröffentlichte Wolfgang Speiser sein verdienstvolles und materialreiches Buch „Wiener Volksbildung nach 1945“, in dem auch auf die Zeit davor Bezug genommen wurde. Ursula Knittler-Lux gab 1987 unter dem Titel „Bildung bewegt“ einen bildreichen Ausstellungskatalog aus Anlass des 100-Jahr-Jubiläums der Wiener Volkshochschulen heraus. Auffallend ist, dass alle erwähnten Veröffentlichungen sowie Darstellungen einzelner Volkshochschulen von Mitarbeitern der Wiener Volkshochschulen publiziert wurden und nicht von außenstehenden Autor/innen und Wissenschafter/innen.
Trotz der gar nicht so wenigen Publikationen über die Wiener Volkshochschulen fehlte etwas: die wissenschaftliche Analyse ihrer historischen Entwicklung von den Anfängen bis in die unmittelbare Gegenwart, die weit über eine bloße Faktendarstellung hinaus geht. Diese Lücke hat der Direktor des Österreichischen Volkshochschularchivs Christian H. Stifter geschlossen. Sein Buch trägt mit „Geistige Stadterweiterung“ einen Titel, der die über mehr als ein Jahrhundert hinweg in jeweils unterschiedlichem Ausmaß realisierte Programmatik der Wiener Volkshochschulen deutlich macht. Es handelt sich um eine sehr lesbare historische Analyse mit wissenschaftlicher Begrifflichkeit, die vom Anfangsjahr der Wiener Volkshochschulen 1887, das in gewissem Sinn eine – zutreffende – Konstruktion darstellt, bis in die unmittelbare Gegenwart reicht.
Der Autor bezeichnet seine Arbeit im Untertitel als „Eine kurze Geschichte“ und hat damit nur recht, wenn die Seitenzahl gemeint ist. Die Arbeit ist zwar, gemessen an der enormen Vielfalt und ungemeinen Vielschichtigkeit der Wiener Volkshochschulgeschichte, die auch Teil der kulturellen, wissenschaftlichen, politischen und bildungsmäßigen Stadtgeschichte ist, mit 138 Seiten Text „kurz“, sehr kurz sogar, aber durch die Art der deutenden Analyse, wegen ihres Materialreichtums und der auf dem letzten Stand der Forschung befindlichen Darstellung, für jene Bereiche, die sie untersucht, umfassend und inhaltlich gewichtig. Stifters Studie bietet jedenfalls mehr Inhalt als es 138 Textseiten einer üblichen Volkshochschulgeschichte entspricht.
Vorangestellt ist der Arbeit ein Zitat von Albert Einstein aus dem Jahr 1952, das mit etwas mehr Worten als der Buchtitel, die Zielsetzungen der Wiener Volkshochschulen – sieht man von der Zeit der beiden sehr unterschiedlichen Faschismen ab – in den nahezu 120 Jahren ihres Bestandes auf den Begriff bringt, selbstverständlich ohne auf sie gemünzt zu sein: „Es genügt nicht, den Menschen zu einem Spezialisten zu erziehen. Er wird auf diese Weise lediglich eine Art nützlicher Maschine, nicht aber eine harmonisch entwickelte Persönlichkeit.“ […]
(Rezension in Die Österreichische Volkshochschule Nr. 222, Dezember 2006, S. 54)
APA-OTS: [Pressemeldung]
Der Ludo-Hartmann-Preis wurde […] dem Direktor des Österreichischen Volkshochschularchivs, Mag. Christian H. Stifter, für die erstmalige Analyse der Geschichte der Wiener Volkshochschulen von ihren Anfängen bis in die Gegenwart unter dem bezeichnenden Titel „Geistige Stadterweiterung“ oder „Die Sanierung der Hirne“ verliehen. Die Studie ist 2005 im Verlag „Bibliothek der Provinz“ in der neuen Reihe „Enzyklopädie des Wiener Wissens“, die im Kontext der „Wiener Vorlesungen“ erscheint, veröffentlicht worden. […]
(APA-OTS-Pressemeldung vom 11. Februar 2008)
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20080211_OTS0042/mittwoch-13-februar-prammer-verleiht-ludo-hartmann-preis-und-ludo-hartmann-foerderungspreis